Gerry 365 #215: 03.08. – ANGST Staffel 2: Spezial #4 – Emotionen – die Zweite

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Heute, als ich diesen Text schreibe, habe ich den Eröffnungsbeitrag für euch zur Verfügung gestellt und mich selbst noch einmal durch die erste Staffel gelesen. Und da ich mit »Tod – die Zweite« angefangen habe, ist es doch cool, mit »Emotionen – die Zweite« das eigentliche Projekt zu beenden. Vor allem, weil ich im letzten Jahr nochmal sehr mit meinen Emotionen auseinandergesetzt und mehr in mich hinein gehorcht habe.
Vieles, was ich vor einem Jahr geschrieben habe, würde ich so nicht mehr schreiben. Ich würde mich sogar aus dem Fenster lehnen und sagen, dass ich mich vielleicht auch unbewusst selbst belogen habe. Und heute war ich im Büro und hab ein wenig mit unserer Traudel von der Post (Ein Gag zwischen uns) (Grüße gehen raus) geredet.

Ich habe überlegt, ihr von dem Projekt im Voraus schon zu erzählen. Gerade wegen dem Autismus-Beitrag. Und mir ist noch einmal was bewusst geworden: Ich lebe einen Automatismus.
In meinem leben habe ich mir angewöhnt, eine Maske aufzusetzen. Diese Maske besteht aus Nicken und Lächeln (Nein. Nicht aus Arschloch denken.). Egal wie es mir geht. Stehen bestimmte Menschen vor mir, würden sie es nie erfahren, was wirklich in mir vor geht. Denn ich lächele. Oder versuche es zumindest. Manchmal sieht es aus wie ein Unfall. Bei Unterhaltungen. Wenn man mir was erzählt. Ich lächele.

Genauso wie wenn man mir was schenkt. Oder mir Geld gibt. Ich lächele. Weil im Kopf drin ist, dass alle das erwarten. Und im letzten Jahr ist mir bewusst geworden, dass Freude ein noch schwierigeres Thema ist. Erinnert ihr euch noch an den Plüschwolf, den Hati mir geschenkt hat? Auch wenn ich den Tag golden markiert habe, und es wirklich was Besonderes war und er perfekt neben meinem Bett hinpasst, und auch eine gewisse Aufregung beim auspacken verspürt habe … ich habe mich nicht gefreut. Aber ich streichele ihn sehr oft. Wenn keiner hinschaut. Ist halt mein Hati-Ersatz.
Und das war einer von vielen Momenten dieses Jahr, wo ich ins Grübeln kam. Existiert Freude überhaupt? Nein.

Als Hati das erste Mal hier war, hatte ich ihn gesehehn und dachte „Endlich ist er hier“ und habe iuhn umarmt und ich war zufrieden, dass er endlich hier war. Aber gefreut im eigentlichen Sinne hab ich mich nicht, obwohl mir genau dieser Tag so unendlich wichtig gewesen war. Aber dennoch drücke ich Freude aus, auch wenn sie nicht da ist. Und dennoch … Es gab ne Zeit, da hat mir jemand immer wieder Unterwäsche geschenkt, mit der ich geliebäugelt habe (Für meinen Geschmack echt heiße Unterwäsche). Da hab ich eher den »heißen«-Nutzen drin gesehen, statt Freude zu empfinden. Es war eher so »Da sieht mein Hier beliebiges Körperteil einfügen bestimmt echt geil drin aus« oder Ähnliches.
Selbst die Aussage »Das letzte mal, wo ich vor Freude und ohne Alkohol richtig geheult habe war, als der beste Freund eines Partners einen ganzen Wocheneinkauf vorbei brachte, damit die schwere Zeit etwas überbrückt wird.« Ist falsch gewesen (Aus dem Ersten Emotionen Blog).

Ich habe mich nicht gefreut. Es war Traurigkeit, weil jemand für mich Einkaufen musste, damit wir nicht untergehen. Auch dieser »Funke« Freude, von dem ich hier und da erzählt habe, existiert eigentlich nicht. Es ist eher ein … »Das kann ich gebrauchen« – Gefühl. Man könnte es, glaube ich, am ehesten mit Erleichterung vergleichen.
Ich sage auch immer »Ich freue mich auf xyz«. dogger4Shrug eigentlich …. nicht. Aber nicht weil ich etwas oder jemanden nicht mag. Ich verspüre dieses Gefühl schlichtweg nicht. Das Höchste an »positiven Gefühlen« was ich deuten könnte, wäre Zufriedenheit. Oder Erleichterung, weil ich etwas nicht selbst stemmen muss.
Ich bin zufrieden, mal ein Gesicht zu sehen. Etwas zu bekommen, was ich brauchen kann. Es ist eher die Logik, die in mir entscheidet, wie ich reagiere. Bekomm ich ein Geschenk, raste ich, wie ich im ersten Emotionen-Beitrag schrieb, aus. Na ja. Ausrasten. Ihr wisst schon. Weil man es erwartet.
Und das hat sich so eingebrannt alles, dass ich automatisch lächele. Oder überschwänglich meine Dankbarkeit zeige. Obwohl da nur Erleichterung hinter steckt. Enttäuschung, weil z. B. ein Geschenk nicht gelungen ist, wird verborgen. Um jeden Preis.

Ich habe auch mal getestet, ob ich diese automatischen Reflexe ausblenden kann. Kann ich. Aber es ist unheimlich schwer, weil es einfach mega eingebrannt ist im Kopf.
Ich habe auch überlegt, wie ich als Kind war. Da habe ich, wenn mir ein Geschenk z. B. nicht gefallen hat, ehrlich gesagt, wie ich es finde, und wurde dafür getadelt. »Es geht nicht um, was geschenkt wurde, sondern um den Gedanken, dass geschenkt wurde.«. Nein. Nicht für meinen Kopf. Warum sollte ich was verschenken, was niemand brauchen kann? Deswegen schenken wir im Rudel nur diverse Gutscheine zu Geburtstagen.
Und auch als Kind habe ich eher Zufriedenheit empfunden. Z. B. wenn ich bei meiner Oma war. Ich war nicht glücklich. Nur Erleichtert und Zufrieden, dass ich, ich sein konnte.

Das Problem an diesen Reflexen ist, dass sie Kraft kosten. Die Maske, die man dabei die ganze Zeit trägt, zehrt an den Kräften und letztendlich belügt man sich irgendwann auch selbst. Und beginnt auch, sich selbst zu überprüfen: „Hast du gelächelt? Sicher? Lächel lieber nochmal.“ Obwohl man genau weiß, dass man gelächelt hat. Und das fördert meine Müdigkeit nur noch mehr. (Während ich diesen Satz geschrieben habe, habe ich gegähnt. Merkt ihr was?)
ABER, und das finde ich wichtig zu erwähnen, ich kann lachen. Ich finde dinge witzig. Aber ich kann auch über Dinge lachen, wenn ich am Boden zerstört bin. Es gibt dabei keine Erheiterung oder sowas. Ich finde dinge lustig, unabhängig von meines Gefühlszustands. Und manchmal auch Dinge, die andere nicht lustig finden. Das ist auf die Empathieprobleme auch ein wenig zurückzuführen.

Was Liebe angeht, hat sich nichts geändert. Es ist so, wie es ist. Mein Zino bleibt Teil meines Lebens, hoffe ich, und ist mit Hati, ein Mensch, den ich nahezu permanent um mich rum haben kann. Das bleibt meine Art zu lieben.
Es gibt weiterhin keine Schmetterlinge im Bauch. Keine »Gefühle«, wenn man sich umarmt oder küsst. Nur neutrale Zufriedenheit wenn man weiß, dass die Leute im Leben sind. Es gibt keine Emotion, wie bei den meisten anderen, die weniger werden kann. Es ist kein »Ich verlasse dich, weil ich dich nicht mehr liebe«. Im Gegenteil. Solange eine Person mir nicht in den Rücken fällt oder mich sehr verletzt, würde ich mit diesem Menschen für immer zusammen bleiben. Auch wenn sich die Art des Zusammenlebens hier und da auch ändern könnte.

Ich habe auch Recherche zum Thema positive Emotionen betrieben. Mir ist dieses ganze Spektrum gar nicht bewusst. Wie würde Hermine sagen? »Dein Gefühlsreichtum passt auch auf einen Teelöffel.«
Ich tu mich auch immer schwer, über positive Emotionen zu reden, weil ich es eh nicht erklären kann und Menschen sich dadurch auch befremdlich fühlen. Ihr wisst schon. Aber sehen wir es so: Habe ich eine positive Emotion, dann ist es »Zufriedenheit«.

Inzwischen benutze ich viele Emojis oder Sticker um Gefühle, die ich nicht empfinde, wiederzugeben. Warum? Weil mir wichtig ist, dass andere wenigstens positive Gefühle haben.

Die negativen Gefühle brauche ich nicht weiter zu erwähnen, denke ich. Wut haben wir innerhalb der zweiten Staffel schon gehabt. Traurigkeit ist weiterhin ein permanenter Begleiter. Wut, Genervtheit und Traurigkeit teilen sich einen Punkt: Sie sind leichter zu triggern, als ihr denkt, und erwischen mich mit voller Wucht.
Und ich werde weiterhin alles versuchen, um euch mit diesen negativen Emotionen in Gesprächen nicht zu konfrontieren, und ich wüsste eh nicht, wie ich das gescheit ausdrücken könnte. Also werde ich weiter »Müde« sagen, wenn doch mal jemand nach meinem Befinden fragt. Und ich hasse diese Frage immer noch.

Denn auch gegenüber denen, die ich »Liebe« kann ich diese Frage nie beantworten und wenn es mir schlecht geht, fechte ich das meistens mit mir selbst aus.

Morgen kommt das Finale und Fazit. Bis dahin, passt auf euch auf.

Gerry

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2 Kommentare zu „Gerry 365 #215: 03.08. – ANGST Staffel 2: Spezial #4 – Emotionen – die Zweite“

  1. Ich denke, du betrachtest es aus dem falschen Blickwinkel. Dir wurde eingetrichtert, dass man sich nur wirklich freut, wenn man Euphorie empfindet. Aber Freude hat wie Liebe und Hass auch viele Stufen, mit der von dir beschriebenen „Zufriedenheit“ angefangen. Oder auch, dass man sich Dinge nicht selbst kaufen muss oder gut gebrauchen kann. Das ist auch eine Form von „Freude“.

    Ich freu mich selbst auch selten über richtige Geschenke, aber das liegt bei mir nicht daran, dass ich mich gar nicht drüber freuen kann. Meistens sind das mehr so Dinge wie … „Aber das wollte ich mir doch selbst kaufen (um meinen Kaufrausch zu befriedigen)“ oder „Das ist zwar nett, aber von DIR hätte ich gern etwas ganz anderes bekommen“. Schlichtweg eine verdrehte Erwartungshaltung bei mir. Aus dem Grund mag ich eigentlich nicht beschenkt werden. Das „ideale“ Geschenk wären dann entweder die Sachen, die ich unausgesprochen eigentlich haben will, oder die Mittel um mir die Dinge selbst ran zu schaffen. dogger4Derp

    In deinem Fall nehm ich es hin, um dir ein Gefühl von Normalität zu geben, aber grundsätzlich weiß ich, wann du dich wirklich über etwas freust und wann nicht. Aber für mich ist auch nicht wichtig, ob du nun Luftsprünge machst, weil ich weiß, dass du dich auf andere Art darüber freust. Auf die Gerry-Art halt. dogger4Sip Und dann reicht es mir schon, wenn ich dir ein wenig Erleichterung verschaffen kann ( no pun intended dogger4Hehe ).

    Es muss halt nicht immer ein überschwänglich positives Gefühl sein. Jeder nimmt solche Sachen auch anders wahr. Klar haben wir Worte für Gefühle wie Freude, Trauer und blablabla. Aber die spürt auch jeder mit einer anderen Intensität, Dauer, und die „Art“ kann sich auch extrem unterscheiden obwohl es eigentlich dem Wort nach dasselbe Gefühl ist. Es ist ’ne Wissenschaft für sich. dogger4NotSure

  2. Es ist normal, dass man sagt, es geht einem Gut, obwohl es nicht so ist. Das ist die Sozialkonforme Reaktion auf die Frage, denn die meisten interessiert es gar nicht und wollen natürlich auch gar nicht hören, dass es einem nicht gut geht.

    Du hast sehr schön beschrieben, was eigentlich fast immer erwartet wird. Geht es einem Gut, wenn es Ihm nicht schlecht geht? Nein, es gibt neutral. und manchmal ist das auch das höchste was man erreichen kann.

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